Entwicklung der Inflation und deren Auswirkung auf die Versicherung

Nachdem in den vergangenen Jahren die Aufmerksamkeit vieler Versicherungsunternehmen sowie insbesondere auch der Risikomanager und Aktuare auf dem Thema des Niedrigzinsumfelds gelegen ist, hat sich in den letzten Monaten durch einen starken Anstieg der Inflationsraten eine neue Dynamik in diesem Bereich entwickelt.

Figure 1: Entwicklung Inflation Österreich und Eurozone (inkl. Forecast 2022) / Quelle: Bloomberg

Während man ursprünglich nur von einem temporären Effekt – insbesondere als Nachwirkung pandemiebedingter Maßnahmen, wie z.B. Lock-Downs – ausging, kamen infolge des Ausbruchs des Ukraine-Konflikts vermehrt Zweifel an dieser Annahme auf. Dies insbesondere im Lichte der Rolle der beiden Länder als Lieferanten wichtiger Güter & Rohstoffe gerade für den Europäischen Raum. Die dadurch entstandene Versorgungsunsicherheit hat gerade in den letzten Monaten nochmals deutlich zu einem Anstieg der Inflation geführt.

Betroffen sind bereits viele Branchen und Bereiche des täglichen Lebens, weshalb sich auch Versicherungsunternehmen mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Für den Risikomanager sowie den Aktuar bedeutet das, dass vor allem die Geschäftsbereiche auf die das Thema Inflation den größten Einfluss hat zu identifizieren sind und ggf. entsprechende Maßnahmen zu setzen sind. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die einzelnen Geschäftsbereiche gegeben werden, wobei der größte Fokus auf die Sachversicherung gelegt wird, da die Risiken im Zusammenhang mit Inflation oftmals dort am Größten sind.

Für die in Österreich übliche lebenslange Krankenversicherung ist das Thema Inflation insbesondere im Zusammenhang mit der medizinischen Inflation wichtig. Deren Entwicklung ist üblicherweise ein wesentlicher Input für Prämienanpassungen. Ein Augenmerk sollte hier auf Höhe aber auch auf Häufigkeit der Anpassung gelegt werden. Als mögliche Sekundäreffekte (insbesondere bei längerfristig hoch bleibender Inflation) sollten auch mögliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Neugeschäfts sowie der Stornoraten berücksichtigt werden.

In der Lebensversicherung sind vor Allem Effekte auf die administrativen Kosten zu erwarten. Einhergehend mit dem Anstieg der Inflation ist jedoch auch ein deutlicher Anstieg in der Zinslandschaft zu beobachten. Dadurch können mögliche negative Effekte aus den Kosten durch positive Effekte aus den gestiegenen Zinsen (insbesondere in Garantieprodukten in der klassischen Lebensversicherung) kompensiert (und möglicherweise auch überkompensiert) werden.

Für die Schaden- und Unfallversicherung stehen vor allem long-tail Sparten bei der Analyse der Inflationsabhängigkeit im Vordergrund. Hier sind vor allem die Haftpflichtversicherungen in all ihren unterschiedlichen Facetten zu nennen. Ganz generell ist schon jetzt zu beobachten, dass die Schadenabteilungen begonnen haben Einzelschadensreserven inflationsbasiert anzupassen. Alle Effekte, welche in der Reservierung beobachtet werden können, haben natürlich auch einen Einfluss auf das zukunftsorientierte Pricing. Neben der inflationsadäquaten Verwendung von historischen Schäden gewinnen die Schadenregulierungskosten in der Prämienfestlegung von neuen Verträgen mit voller Laufzeit, die zukünftig erwarteten Schadenregulierungskosten und Betriebskosten an Bedeutung. So schlägt sich die Inflation nicht nur direkt auf Lohnentwicklung oder Energiekosten nieder, sondern findet sich auch zum Beispiel in der Anpassung der Gerichtskosten wieder. Im Bereich Commercial versuchen einzelne Versicherer im Underwriting das Thema Inflation aktiv aufzugreifen. Hierbei geht es darum den Vertrag bei Verlängerung auf eine inflationsbedingte Unterversicherung zu prüfen und entsprechend zu handeln.

Wie man sieht, betrifft die Inflation den Versicherungsmarkt als Ganzes, angefangen beim Ergebnis der Kapitalanlagen, über die Schadenreserven bis hin zu den operativen Kosten. Um die Auswirkungen einer steigenden Inflation auf das Geschäft und die Ergebnisse besser zu verstehen sind eine Reihe von Analysen nötig. Als Start bieten sich die Reservierung und das Pricing mit ihren Modellen an. Danach kann man sich mit der Entwicklung von zukünftigen Inflationsszenarien beschäftigen und die Sensitivitäten im Planungs- und Risikokapitalmodell erheben. Darauf basierend lässt sich nun eine Aussage über die Readiness des Unternehmens und der Modelle in einem inflationsvolatileren Umfeld treffen, um potenzielle nächste Schritte abzuleiten. Zum Schluss werden mit den Stakeholdern die Ergebnisse und die Kosten/Nutzenanalyse der Empfehlungen besprochen.

 

 

 

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