In der Lebensversicherung ist es üblich, dass bei Rückkauf eines Vertrages nicht die gesamte Deckungsrückstellung ausgezahlt wird, sondern ein tariflich festgelegter Rückkaufsabstrich abgezogen wird. Diese Praxis ist durch § 176 (4) VersVG gedeckt, wonach „der Versicherer zu einem Abzug berechtigt ist, wenn dieser vereinbart und angemessen ist“. Nach einer Klage des VKI hat der OGH am 28.6.2023 klargestellt, dass sich die vom VersVG verlangte Angemessenheit nicht nur auf die Gründe für den Abzug bezieht, sondern auch auf dessen Höhe. Es ist also im Einzelfall vor Gericht nachzuweisen, dass die im Bestand durch Kündigungen entstehenden Aufwände und Nachteile (grob) der Höhe der (pauschal) verrechneten Rückkaufsabschläge entsprechen.
Die dazu im Versicherungsverband geführten Diskussionen haben ergeben, dass zwar diverse Gründe für einen Rückkaufsabstrich genannt werden können, aber die Quantifizierung schwierig ist und idealerweise von allen Unternehmen gleichartig vorgenommen werden sollte. Daher wurde die Frage an die AVÖ gerichtet, nach welchen Grundsätzen die Angemessenheit bewertet werden sollte und wie dies in der Praxis umsetzbar ist. Dazu wurde im September 2023 eine Arbeitsgruppe im Arbeitskreis Versicherung eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe hat Material gesammelt und begleitet eine diesbezügliche Masterarbeit an der TU Wien, die bis zum September 2025 vorliegen soll. Darauf aufbauend ist geplant, in der Arbeitsgruppe einen „Leitfaden“ zu erstellen, wie die Angemessenheit des Rückkaufsabstrichs bewertet und nachgewiesen werden kann. Da dieser Nachweis vor Gericht erbracht werden muss, ist diese Dokumentation nicht nur für neu entwickelte Tarife wichtig, sondern auch für den gesamten Altbestand. Aktuell wurde bereits ein Unternehmen geklagt und der Nachweis der Angemessenheit des Rückkaufsabstrichs verlangt. Dabei konnte schon auf Überlegungen aus dem Arbeitskreis aufgebaut werden.
Demnächst (nach Vorliegen der Masterarbeit) wird es also richtig spannend in der Arbeitsgruppe. Weitere TeilnehmerInnen, die sich für die Mitarbeit interessieren und am Leitfaden zur Angemessenheit des Rückkaufsabstrichs mitwirken wollen, sind herzlich willkommen (bitte um Meldung bei Klaus Wegenkittl).