Die Umsetzung der neuen zukünftigen Nachhaltigkeitsberichtsstandards ist im vollen Gange

Im Jahr 2025 werden die ersten Versicherungsunternehmen im Lagebericht über ihre Nachhaltigkeitsthemen nach den Vorgaben der CSRD berichten. Die Arbeiten dazu laufen auf Hochtouren. Aber wo stehen die Unternehmen aktuell? Wann kommt das die Umsetzung der CSRD in Form des Nachhaltigkeitsberichtsgesetzes (NaBeG) und wo waren bisher die Herausforderungen in den Projekten.

Im Dezember 2022 wurde die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie wird die bestehende EU-Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) ablösen und nach Übernahme in nationales Recht für Geschäftsjahre ab 2024 eine Konkretisierung und Erweiterung der Berichtsinhalte sowie die externe Prüfungspflicht mit sich bringen. Für darauffolgende Geschäftsjahre wird zudem eine deutliche Ausweitung der von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffenen Unternehmen vorgenommen.

Für die Konkretisierung der Bestimmungen der CSRD wurde die Europäische Kommission ermächtigt, delegierte Verordnungen zu erlassen. Basis für die Verordnungen sind die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ausgearbeiteten European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die erste Übernahme erfolgte Ende Juli 2023. In Österreich ist die Umsetzungsfrist für die CSRD am 6. Juli 2024 abgelaufen, sodass mit einer Verabschiedung in dieser Legislaturperiode kaum noch gerechnet werden kann. Insgesamt führt diese Situation zu einer hohen Rechtsunsicherheit und eventuellen Mehraufwand für die betroffenen Unternehmen. Nichtsdestotrotz ist den betroffenen Unternehmen dringend zu empfehlen, sich weiterhin auf die Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts gemäß CSRD für das Geschäftsjahr 2024 (und dessen Prüfung) vorzubereiten, weil das Gesetz noch bis vor den Tag der Aufstellung des Nachhaltigkeitsberichtes (als Teil des Lageberichtes zum Jahres‐/Konzernabschluss) in Kraft treten kann.

Der Countdown läuft

Der Großteil der Versicherungsunternehmen, die bereits 2025 zur Offenlegung verpflichtet sind, sind bereits inmitten von Umsetzungsprojekten, im Zuge deren die Unternehmen mit vielen neuen Fragestellungen konfrontiert sind. Insbesondere der Bereich der Datenbeschaffung und -verwaltung und die Interpretation der ESRS stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen.

Wesentlichkeit liegt im Auge des Betrachters

Eine CSRD-konforme Wesentlichkeitsanalyse ist entscheidend für die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung und ein zielgerichtetes Projektvorgehen. Wesentliche Themen müssen gemäß dem jeweiligen ESRS-Standard berichtet werden, während nicht wesentliche Themen in der Regel keine Erläuterungen erfordern. Eine Ausnahme bildet der Klimawandel, bei dem die Gründe für eine Bewertung als nicht wesentlich ausführlich dargelegt werden müssen.

 

 

Zentral ist das Prinzip der Doppelten Wesentlichkeit, dass sowohl die Inside-Out (Auswirkungswesentlichkeit) als auch die Outside-In (Finanzwesentlichkeit) Perspektive umfasst. Die Analyse muss unternehmensspezifisch gestaltet werden und Branchendaten sowie spezifische Charakteristika des Unternehmens berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsaspekte erweitert werden muss. Neben Risiken sind auch Chancen zu betrachten, und Interessensvertreter sollten in den Bewertungsprozess einbezogen werden. Quantitative Analysen sollten, wenn möglich, qualitative Aussagen über die Wesentlichkeit untermauern. Die Wesentlichkeit von Themen ist daher nicht anhand einer generischen Branchenanalyse zu bestimmen, sondern muss konkret für das eigene Unternehmen hergeleitet werden. Da die Wesentlichkeitsanalyse auch die gesamte Wertschöpfungskette umfasst, waren die Unternehmen angehalten ausgewählte Nachhaltigkeitsaspekte zusätzlich in ihre Analysen einzubeziehen. Dabei hat sich ausgehend vom eigenen Versicherungsunternehmen die Unterteilung in vorgelagerte- und nachgelagerte Wertschöpfungsaktivitäten ergeben. Beispielsweise handelt es sich bei dem Versicherungs-, den Investmentportfolio, den Vertriebskanälen und möglichen externen Schadenregulierern um nachgelagerte Aktivitäten, während Dienstleister, wie Anwälte, Berater, IT- und Datenanbieter in der vorgelagerten Wertschöpfungskette gesehen werden.

Die Betrachtungsweise der Finanzwesentlichkeit ist den Versicherungsunternehmen bereits bestens aus der Finanzberichterstattung bekannt. Spätestens an dieser Stelle wurde das Risikomanagement stärker eingebunden, um die finanziellen Auswirkungen auf den Cashflow und den Unternehmenswert (kurz-, mittel- und langfristig) zu bestimmen. Immerhin gilt es auch unter Solvency II bereits Klimarisiken zu analysieren und zu messen. Bestehende ORSA-Szenarien konnten daher in der Analyse der Wesentlichkeit jedenfalls nicht außer Acht gelassen werden.

Die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse der österreichischen Versicherungsbranche zeichnen erfreulicherweise ein weitgehend homogenes Bild. Als wesentliche Themen wurden die Nachhaltigkeitsaspekte Klimawandel, Arbeitskräfte des Unternehmens, Verbraucher und Endnutzer sowie Unternehmensführung identifiziert. Zusätzliche unternehmensspezifische Besonderheiten sind hingegen eher selten.

THG-Bilanz als Grundlage zur Planung

Eine der negativen Auswirkungen, die in allen Nachhaltigkeitsberichten von Versicherungen zu finden sein wird, ist die CO2-Emission. Aufgrund der ESRS-Bestimmungen muss eine Treibhausgasbilanz offengelegt werden, basierend auf dem Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protokoll). Die Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) hat weiterführende Standards veröffentlicht, um das GHG-Protokoll für Finanzinstitute anzupassen. Für Versicherungsunternehmen sind insbesondere der Part A Standard (finanzierte Emissionen) und der Part C Standard (versicherungsbezogene Emissionen) relevant. Diese Standards sollen die Bereitstellung von Kapital oder Versicherungsschutz durch Versicherungsunternehmen und die damit verbundenen Emissionen abbilden, was jedoch aufgrund der komplexen Datenerhebung schwierig ist.

Finanzierte Emissionen

Lebensversicherer sind mit finanzierten Emissionen vertraut, da sie bereits im Rahmen der SFDR (Artikel 4) Angaben zu Emissionen machen mussten, die von den investierten Unternehmen verursacht werden. Diese Emissionen werden anteilig entsprechend der Finanzierung am Gesamtwert des Unternehmens zugerechnet. Bei notierten Wertpapieren können oft Daten von anerkannten Datenprovidern genutzt werden. Die größere Herausforderung liegt in der Datenbeschaffung und -aufbereitung für nicht notierte Titel, Beteiligungen und Immobilien. Hier ist oft manuelle Arbeit erforderlich, und es müssen Annahmen getroffen werden, die transparent offengelegt werden müssen.

Versicherungsbezogene Emissionen

Versicherungsbezogene Emissionen beziehen sich auf die Emissionen des versicherten Objekts oder Risikos. Der PCAF-Standard konzentriert sich zunächst auf private KFZ und Gewerbe. Ein Emissionsfaktor wird beispielsweise ermittelt, indem die Versicherungsprämie zu den jährlichen Gesamtkosten eines KFZ ins Verhältnis gesetzt wird. Multipliziert mit den Emissionen des KFZ ergibt sich der Anteil, der auf das Versicherungsunternehmen entfällt.

Die Datenbeschaffung und Unsicherheit in den Annahmen sind problematisch. Viele Sachversicherungsunternehmen müssen versicherungsbezogene Emissionen in ihre Treibhausgasbilanz aufnehmen, was in Transitionsplänen berücksichtigt werden sollte. Der PCAF-Standard wurde begrüßt, jedoch gibt es Bedenken hinsichtlich der Vergleichbarkeit und Relevanz der Daten aufgrund hoher Schätzunsicherheiten und fehlender Regeln für viele Segmente.

Das Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer hat Argumente für und gegen eine Veröffentlichung zusammengefasst. Ob Versicherungsunternehmen bereits 2024 versicherungsbezogene Emissionen offenlegen werden, bleibt abzuwarten.

Die nächsten Schritte

Die Versicherungsunternehmen werden die Herausforderungen bis zum ersten Veröffentlichungszeitpunkt im Jahr 2025 meistern. Dennoch wird die Branche das Thema in den nächsten Jahren noch beschäftigen. Prozesse und Systeme werden adaptiert, Verantwortlichkeiten neu geregelt und die Nachhaltigkeitsberichterstattung vollumfänglich ausgebaut werden. Zur Komplementierung zählen vor allem die Erstellung eines wissenschaftlich fundierten Transitionsplans zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 und die Entwicklung von Klimarisikomodellen als ein wesentliches Werkzeug zur Durchführung umfassender Resilienzanalysen.

 

 

 

Rechtliche Grundlagen:

CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive); RICHTLINIE (EU) 2022/2464 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen

ESRS (European Sustainability Reporting Standards, ESRS); DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) …/… DER KOMMISSION vom 31.7.2023 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

 

 

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