Wie wird die Rentenhöhe aus einer Rentenoption ermittelt?

Wesen der Rentenoption

Im Gegensatz zu Rentenversicherungen, die bereits bei Abschluss eine feste Rentenhöhe vorsehen und garantieren, ist bei Fälligkeit von Kapitalversicherungen eine einmalige Auszahlung vorgesehen. Um Kundinnen und Kunden dennoch Flexibilität einzuräumen und eine versicherungssteuerfreie Verrentung zu ermöglichen, wurde in Kapitalversicherungen üblicherweise stets eine sogenannte Rentenoption eingeschlossen, die die Möglichkeit einer Verrentung nach den bei Ablauf gültigen Tarifen vorsieht.

In der Broschüre LEBENSVERSICHERUNG – Welche Informationsrechte hat der Versicherungskunde? der FMA heißt es dazu auf Seite 13:

Wenn im Vertrag eine Rentenoption (eine “Rentenoption” räumt dem Versicherungsnehmer die Option ein, zum Vertragsende anstatt einer einmaligen Auszahlung eine Rente zu verlangen) vorgesehen ist und die Höhe der Rente nicht garantiert wird, ist außerdem zu bedenken, dass für die Berechnung der tatsächlichen Rentenleistung jene Rechnungsgrundlagen (Sterbestatistiken und Garantiezinssatz) herangezogen werden, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Rentenauszahlung gelten. Steigt die durchschnittliche Lebenserwartung stärker als angenommen, so wird die tatsächliche Rentenleistung daher unter dem prognostizierten Betrag liegen.

Quelle: FMA (Stand 05/2019)

Nachfolgend wird dargestellt, welche Regelungen aktuell (Stand 04/2021) bei der Wahl von Rechnungsgrundlagen für Rentenversicherungen, insbesondere also für die Berechnung der Rentenhöhe aus einer Rentenoption, zu beachten sind.

Rechnungszins

Die “Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), mit der ein Höchstzinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung festgesetzt wird” (VU-HZV) legt in § 2 (1) fest, dass der garantierte Rechnungszins (Garantiezinssatz) höchstens 0,5 % betragen darf.

Diese Obergrenze gilt seit 1. Jänner 2017. Die FMA hat angesichts des dramatisch niedrigen Zinsniveaus mehrfach darauf hingewiesen, dass gemäß § 1 (1) VU-HZV der Rechnungszins nach dem Grundsatz der Vorsicht festgelegt werden muss. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht in jedem Fall zulässig ist, den höchsten nach dieser Verordnung zulässigen Zinssatz anzusetzen. Aus der Verwendung eines niedrigeren Rechnungszinssatzes ergibt sich eine niedrigere garantierte Rente. Da allerdings alle Versicherungsunternehmen derzeit eine Gesamtverzinsung deutlich über 0,5 % erwirtschaften, wird ein niedrigerer Rechnungszins durch eine entsprechend höhere Gewinnbeteiligung ausgeglichen, die zur Valorisierung der Rente dient. Somit sind für die Kundin/den Kunden beide Varianten (Kalkulation mit dem höchstzulässigen Rechnungszins oder mit einem niedrigeren Rechnungszins) aus aktuarieller Sicht gleichwertig, solange die Gesamtverzinsung des Versicherungsunternehmens nicht unter den derzeit höchstzulässigen Rechnungszins von 0,5 % sinkt. Dies gilt insbesondere, wenn – wie vielfach üblich – Bonusrenten angeboten werden, bei denen ein Teil der künftig erwarteten Gewinnbeteiligung vorweggenommen und zur Finanzierung einer höheren Anfangsrente verwendet wird.

Rententafel

Die FMA hat mit dem „Rundschreiben zu unisex-Rechnungsgrundlagen“ vom Oktober 2012 (siehe www.fma.gv.at) im Kapitel “Rentenversicherungen” festgelegt, dass die von der AVÖ entwickelte Rententafel (Sterbetafel) “AVÖ 2005R unisex” eine geeignete Kalkulationsgrundlage für Rentenversicherungen ist und alle Rechnungsgrundlagen, die zu einer niedrigeren Rückstellung (bzw. einer höheren Rentenhöhe) führen, eine besondere Begründung in den der FMA zu übermittelnden versicherungsmathematischen Grundlagen erfordern.

Aus aktuarieller Sicht gibt es keinen Grund, die Rechnungsgrundlagen für Rentenoptionen anders zu gestalten als für sofort beginnende Renten, da durch die Optionsmöglichkeit dieselben Selektionsbedingungen gegeben sind wie bei Neugeschäft – in beiden Fälle muss davon ausgegangen werden, dass sich nur gesunde Personen, die mit einer langen Lebenserwartung rechnen, für eine Rentenzahlung interessieren.

Berechnung der Rentenhöhe mit der Rententafel AVÖ 2005-R unisex

Die Rententafel “AVÖ 2005-R unisex” ist auf der Website der AVÖ veröffentlicht (siehe www.avoe.at/rechnungsgrundlagen/versicherungen). Dort findet sich auch ein Berechnungstool zum Download, mit dem der Barwert einer sofort beginnenden lebenslangen Rente (Leibrente) ermittelt werden kann (AVOe2005R unisex.xlsx). Da es sich um eine Generationentafel handelt, ist neben dem Rechnungszins nicht nur das Alter bei Rentenbeginn relevant, sondern auch das Geburtsjahr.

Beim Vergleich mit Rentenhöhen, die von Versicherungsunternehmen ermittelt werden, ist noch zu beachten, dass

  • neben lebenslangen Renten auch temporäre Renten angeboten werden
  • die Renten auch einen Garantiezeitraum berücksichtigen können, wodurch bei Ableben innerhalb dieses Zeitraumes die Rentenzahlung nicht endet, sondern bis zum Ablauf des Garantiezeitraums fortgesetzt wird. Je länger der Garantiezeitraum, desto niedriger wird die Rente.
  • die Renten auch einen Hinterbliebenenübergang berücksichtigen können, wodurch bei Ableben die Rente in einem festzulegenden Verhältnis an eine/einen Hinterbliebene(n) bis zu deren/dessen Ableben weitergezahlt wird. Je höher das Verhältnis von Hinterbliebenenrente zu Altersrente und je jünger die/der Hinterbliebene, desto niedriger wird die Rente
  • auch Kosten zu berücksichtigen sind. Bei Inanspruchnahme einer Rentenoption entfällt nach aktuellen steuerlichen Regelungen die sonst fällige Versicherungssteuer, wenn die Rentenoption vor Ablauf des Vertrags ausgeübt wurde.

Festlegung der Rechnungsgrundlagen für die Rentenoption

Die Kalkulationsgrundlagen aller verwendeten Tarife, insbesondere auch der Rentenoption, müssen entsprechend der “Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Inhalt und Gliederung der versicherungsmathematischen Grundlagen” an die FMA übermittelt werden. Es gibt keinen aktuariellen Grund, für Rentenoptionen andere Rechnungsgrundlagen (Rechnungszins und Rententafel) zu verwenden als für sofort beginnende Renten, die gleichzeitig im Neugeschäft angeboten werden. Im Gegenteil ist es aus Gründen der Fairness geboten, dieselben Rechnungsgrundlagen zu verwenden. Einzig die Höhe der Kosten kann sich unterscheiden, weil bei Rentenoptionen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um langjährige Bestandskundinnen und -kunden handelt, auch niedrigere Kosten angesetzt werden können als im Neugeschäft. Zusammen mit dem Entfall der Versicherungssteuer ist die Ausübung der Rentenoption damit für die Kundinnen und Kunden jedenfalls attraktiver als die Auszahlung und der Abschluss einer sofort beginnenden Rente beim selben Versicherer.

Autor: Dr. Klaus Wegenkittl ist Leiter des Arbeitskreises Versicherung der AVÖ.

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