Die AAE hat im Oktober 2019 den aktuellen Core Syllabus for Actuarial Training in Europe verabschiedet. Ziel dieses Syllabus ist es Mindeststandards für die Aktuarsausbilung zu setzen und eine Harmonisierung zwischen den europäischen Aktuarsvereinigungen zu schaffen.
Dabei wir die genaue Umsetzung des Syllabus von der AAE nicht vorgeschrieben. Dementsprechend können wir weiterhin in Österreich diesen mittels mehreren einzelnen fachspezifischen Prüfungen umsetzen. An der konkreten Umsetzung wird aktuell noch gearbeitet.
Der Syllabus besteht aus drei Teilen:
- Prerequisite – Foundation Mathematics: In diesem Abschnitt ist das mathematische Grundwissen dargestellt, das wir in unserer Ausbildung mit der Voraussetzung eines mathematischen oder artverwandten Studiums bereits lange abgedeckt haben.
- Basic actuarial education: Dieser Bereich beschäftigt sich mit der tatsächlichen aktuariellen Ausbildung und ist in neun Bereiche unterteilt. In welcher Tiefe die genannten Themen abgedeckt werden, wird mittels Bloom’s Taxonomy festgelegt. Es gibt keine konkreten Anforderungen an Semesterwochenstunden oder ECTS, diese können aber weiterhin verwendet werden um die Tiefe zu messen.
- Advanced skills: Hierbei handelt es sich um eine nicht abschließende Auflistung von Bereichen, in denen sich Aktuare vertiefen können. Anders als bei der basic actuarial education können hier Schwerpunkte gesetzt werden, die sich an persönlichen Interessen und beruflicher Relevanz orientieren.
Ein wesentlicher Teil der Aktuarsausbildung ist somit Abschnitt Basic actuarial education mit neun Bereichen, der hier noch etwas genauer dargestellt ist:
- Statistics: Die Anwendung statistischer Methoden in aktuariellen Bereichen.
- Economics: Die Prinzipien von Mikro- und Makroökonomie bzw. allgemein der Finanzwirtschaft kennen, um die Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft verstehen zu können.
- Finance: Unternehmensinterne Themen angefangen bei der Finanzmathematik über Buchhaltung und das Berichtswesen.
- Financial Systems: Das Umfeld eines Anbieters von aktuariellen Produkten; angefangen vom Sozialsystem zur Regulierung des Marktes.
- Assets: Die Bewertung von Finanzprodukten sowie Verständnis von Investment Strategien.
- Data and Systems: Datensammlung, Fragen der Ethik, Daten Analyse, Visualisierung und Präsentation.
- Actuarial Models: Hier finden sich die klassischen aktuariellen Bereiche Lebens-, Kranken- und Schadensversicherung sowie die aktuarielle Modellierung.
- Actuarial Risk Management: Risiken zu verstehen, Risiken messen, Risiken monitoren.
- Personal and actuarial professional practice: Neben den professional Standards ist auch die effektive Kommunikation ein wesentliches Thema in diesem Abschnitt.
Jeder einzelne der neun Bereiche ist dann wiederum viele granulare Themen unterteilt. Nicht jeders dieser Themen hat das selbe Gewicht. Bei manchen Themen ist es ausreichend sich grundlegende Fakten zu merken. Dies würde in der Blooms Taxonomy dem Niveau „A1“ entsprechen. Dabei steht „A“ für faktisches Wissen und „1“ für erinnern bzw. wiedererkennen. Bei anderen Themen ist es notwendig selbstständig das abstrakte Wissen in einem neuen Beispiel umsetzen zu können. Dies wäre dann das Niveau „D6“ dabei steht „D“ für über faktisches, konzeptuelles und prozessbezogenes Wissen hinausgehend und „6“ für erstellen und planen. Dabei sind auch alle Kombination der vier Buchstaben von A bis D und den Ziffern von 1 bis 6 möglich.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der AAE Syllabus sich nicht nur auf aktuarielle Kernbereiche beschränkt, sondern auch ein Verständnis für das rechtliche und wirtschaftliche Umfeld fördert. Sehr zu schätzen ist auch, dass das Thema Kommunikation hervorgehoben wird, da wir nicht nur im stillen Kämmerchen vor uns hinarbeiten, sondern aktiv in unseren Unternehmen eingebunden sind und wesentlichen Input in vielen Bereichen liefern können.
Worin liegen die Herausforderungen in der Umsetzung in Österreich?
Ziel ist es weiterhin die Aktuarsausbildung so zu gestalten, dass sie leicht zugänglich ist. Dazu gehört, dass möglichst viele Fächer aus dem Studium anerkannt werden können und es Möglichkeiten gibt fehlende Teilbereiche möglichst unkompliziert nachzuholen. Der große Teil der notwendigen Themen war bereits in den bestehenden Aufnahmerichtlinien abgedeckt. Hinsichtlich einzelner Themen wird jedoch noch analysiert ob geringe Anpassungen notwendig sind.
Wir sehen hier die Notwendigkeit sicherzustellen, dass zukünftige Aktuare und Aktuarinnen die Möglichkeit haben alle Themen in der ausreichenden Tiefe kennenzulernen, ohne gleichzeitig Anforderungen zu stellen, die weit über die Mindestanforderungen hinausgehen und so unverhältnismäßig hohe Ansprüche an die theoretische Ausbildung zu stellen.