Aktuarinnen und Aktuare werden immer wieder mit Aussagen zur Lebenserwartung konfrontiert und müssen diese in verständlicher Form erläutern. Angaben zur Lebenserwartung sind schwierig zu interpretieren, weil sie üblicherweise aus der heutigen (Perioden-)Sterblichkeit berechnet wird und daher künftige Sterblichkeitsverbesserungen nicht berücksichtigt. Man darf sie daher nicht als “persönliche künftige Lebenserwartung” interpretieren, denn es werden sich sehr sicher auch weiterhin künftige Sterblichkeitsverbesserungen ergeben.
Das gleiche Interpretationsproblem gibt es nicht nur betreffend (künftige) Sterblichkeitsverbesserungen, sondern auch umgekehrt bei erhöhter Sterblichkeit z. B. durch Corona: Es gab im Jänner eine Presseaussendung der Statistik Austria, wonach die Lebenserwartung durch Corona um ein halbes Jahr gesunken sei. Das ist rechnerisch richtig, unterstellt aber, dass es ab jetzt dauerhaft eine durch Corona erhöhte Sterblichkeit in allen Altersklassen gebe. Auch das ist daher als Aussage über die “persönliche künftige Lebenserwartung” völlig ungeeignet, weil ja niemand davon ausgeht, dass wir bis ans Lebensende mit Corona kämpfen werden. Der Demograph Marc Luy von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erklärt das Thema in seinem Beitrag Covid verringert Lebenserwartung, stiehlt aber keine Lebensjahre.
Wenn Sie sich für Ihre Lebenserwartung interessieren, können Sie dazu auch den Lebenserwartungsrechner auf der Website der Statistik Austria mit dem Lebenserwartungsrechner der Forschungsgruppe Finanz- und Versicherungsmathematik der TU Wien vergleichen. Letzterer berücksichtigt einerseits auf Basis der aktuellen Rententafel AVÖ 2005-R die erwarteten Sterblichkeitsverbesserungen und andererseits die längere Lebenswartung von Privatversicherten.