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Vorsitzender der Alterssicherungskommission Pöltner im AMC

Der Name ist Programm, die Alterssicherungskommission hat die Aufgabe, der Bundesregierung Berichte über die langfristige Entwicklung und Finanzierung der Pensionen und damit der Alterssicherungssysteme vorzulegen. Ausführlich sind die Aufgaben der Alterssicherungskommission, kurz ASK, im Alterssicherungskommissions-Gesetz dargestellt. Das Bundesgesetz liegt in der fünften Auflage seit Inkrafttreten des am 01.01.2017 vor. Der Vorgänger der ASK hieß Pensionssicherungskommission.

Konkret liefert die ASK bis spätestens 30. November eines jeden Jahres Mittelfristgutachten für die folgenden fünf Jahre. Das aktuelle Gutachten läuft demnach bis 2026. Der zweite Teil, das Langfristgutachten, muss ebenfalls bis zum 30. November vorliegen, und zwar jedes dritte Jahr bis zum Jahr 2050. Die Verpflichtung zur Vorlage des Langfristgutachten wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben und liegt nun erstmalig vor.

Hon.-Prof. Dr. Walter Pöltner war von 22. Mai bis 3. Juni 2019 (also gleich nach Ibiza) Sozialminister und ist seit 7. November 2019 Vorsitzender der ASK. Der Jurist hielt am 7. Dezember im Actuarial Modelling Club einen launigen Online-Vortrag. Auf Wikipedia ist zu lesen, “Berichte über seine Person erwähnen in der Regel seine musikalischen Interessen”. Bei Pöltners Vortrag aus seinem Arbeitszimmer hing die Gitarre gleich hinter ihm. Soweit lässt sich dieser Eintrag oberflächlich bestätigen.

Der Actuarial Modelling Club (AMC) ist eine Kooperationsveranstaltung der Forschungsgruppe für Finanz- und Versicherungsmathematik (FAM) der TU Wien und der AVÖ. Pöltners Vortrag stieß auf reges Interesse. Knapp 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten seinen Ausführungen.

Gesamthaftes Monitoring auf Österreichisch

Zurück zur Alterssicherungskommission und zu deren Berichten. Die Kommission unter Pöltners Vorsitz ist mit 14 stimmberechtigten Mitgliedern und sechs nicht-stimmberechtigten ExpertInnen besetzt. Sie soll ein Monitoring der Pensionen der Pflichtversicherten, der Landes- und BundesbeamtInnen und der ÖBB-Bediensteten ermöglichen. Die Idee ist eine gemeinsame Betrachtung, die Wirklichkeit sieht getrennte Berichte für Pflichtversicherte und BeamtInnen vor. Konkret gibt es also vier Berichte. Alle vier sind auf der Website des Sozialministeriums abrufbar. “Die Gutachten, die durch die Kommission beschlossen werden, basieren auf den demografischen Daten der Statistik Austria und den ökonomischen von WIFO und IHS”, erklärt Pöltner.

Dass die ExpertInnen nicht stimmberechtigt sind, bedauert Pöltner, meint aber gleichzeitig: “Die Expertinnen und Experten werden sich hüten, Annahmen, beispielsweise zur Entwicklung der Erwerbsquoten, zu treffen.” Der Jurist und Spitzenbeamte beschreibt die jährlich stattfindenden Sitzungen der Kommission als “ewig gleiches Argumentieren der großen Fraktionen”, wobei Vorsicht das oberste Gebot sei. Weil hinter jeder Annahme die Angst vor der Vorbereitung auf eine neue Pensionsreform und infolge auf Pensionskürzungen stehe.

Kennzahlen und die Suche nach Kompromissen

Und dann erzählt Pöltner, wie er im Vorfeld der Sitzung gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Ingrid Korosec versucht, bei den Interessensvertretungen einen Kompromiss der Produktivitätszuwächse herbeizuführen. “Ich schlage nicht 1,0 Prozent, nicht 1,5 Prozent, sondern 1,3 Prozent vor, wie bei einem Kuhhandel, ohne wissenschaftliche Grundlage”, so Pöltner.

Dazu sei erwähnt, dass es Usus ist, dass die Mitgliedsstaaten bessere Annahmen treffen als etwa der Ageing-Bericht der EU-Kommission, der in der Regel pessimistischer ausfällt. Ganz so willkürlich wird diese Kennzahl des Fachmanns für Soziales wohl dann doch nicht sein, schließt die AVÖ-Online-Redaktion.

Das ernüchternde Ergebnis dieser langwierigen Abstimmungsprozesse: Der ÖGB lehnte das Langfristgutachten schlussendlich ab. In einer Aussendung titelten AK und ÖGB AK & ÖGB zu Alterssicherungskommission: Soll Gutachten Grundlage für Pensionskürzungen liefern? Mag. Wolfgang Panhölzl, Leiter der AK-Abteilung Sozialversicherung moniert darin, “die Wirtschaftsannahmen sind unplausibel niedrig und führen zu einer erhöhten Darstellung des Pensionsaufwandes”. Die jetzt adaptierten Änderungen würden sich nicht mit anderen Prognosen, etwa dem Ageing Report der EU-Kommission, decken, ergänzt ÖGB-Pensionsexpertin Mag. Dinah Djalinous-Glatz. Beide sind Mitglieder der ASK. “Daher haben wir auch das vorliegende Langfristgutachten über die gesetzliche Pensionsversicherung abgelehnt”, begründet Djalinous-Glatz.

Dr. Franz Schellhorn, Leiter des Thinktanks Agenda Austria, sieht das freilich anders: “Seit längerem ist klar, dass das öffentliche Pensionssystem nicht gut aufgestellt ist”, schreibt er in einer Aussendung als Reaktion auf einen Bericht in der Wiener Zeitung am 17. November 2021, also noch vor der Sitzung der ASK. Das Verhältnis von PensionsbezieherInnen zu den EinzahlerInnen gerate immer stärker in Schieflage. Ohne Reform werde das Pensionsloch bis 2030 deutlich wachsen. Schellhorn: “Bereits heuer wird mehr als jeder fünfte Euro aus dem Bundesbudget zum Stopfen des Pensionslochs verwendet.”

Pöltner berichtet im AMC, dass wir 2020 15,6 Prozent des BIP für Pensionen ausgegeben haben. Die Prognose für 2070 liegt mit 15,4 Prozent sogar etwas darunter. “Daher argumentieren wir, dass wir in der Alterssicherung kein Problem haben. Ich sehe hingegen eine Menge Probleme. Es gibt aber Null sozialpolitischen Gestaltungswillen. Ministerien sind auf schlichte Verwaltung reduziert. Keiner traut sich etwas sagen, dann wird man in fünf Jahren wiederbestellt”, resümiert der ASK-Vorsitzende.

“Eh ois leiwand”

Und so bleibt in Österreich wenig Spielraum für Diskussionen und innovative Denkansätze, die die Veränderungen in der Arbeitswelt, etwa höhere Lebenserwartung, Digitalisierung und flexiblere Beschäftigungsmodelle, berücksichtigen. Pöltner nennt in diesem Zusammenhang den Work-Ability-Index (WAI) des finnischen Professors Juhani Ilmarinen, ein Befragungsverfahren, das die subjektive Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten erfasst und bewertet. Über einen Online-Fragenbogen auf der Website des WAI-Netzwerks können Interessierte eine Einschätzung ihrer aktuellen und zukünftigen Arbeitsfähigkeit abrufen.

“Nichts davon wurde in den letzten fünf bis sechs Jahren besprochen – das ist nicht interessant genug, da bekommen Sie keine Message in der Zeitung”, sagt Pöltner. Also “eh ois leiwand”, scherzt er. Es sei ihm auch völlig unklar, warum keine VersicherungsmathematikerInnen in der Kommission säßen, die sich mit diesem Thema am besten auskennen. Auch waren diese Fachleute in der alten Pensionsversicherungskommission vertreten.

Ob aus persönlicher Konsequenz ob dieses Stillstands oder aus anderen Gründen, Pöltner tritt als Vorsitzender zurück, eine Nachfolgerin bzw. ein Nachfolger ist noch nicht bestimmt. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker kommentiert den Rücktritt in einer Aussendung so: “Jetzt tritt mit Walter Pöltner ein kluger Kopf aus Frust zurück, weil die Kurz-Regierung so viel Geld verbläst, dass es selbst ihm als ehrlichen Sozialdemokraten zu viel wird.” Stein des Anstoßes sei die (sozial) gestaffelte Pensionserhöhung, die mit 1. Jänner 2022 in Kraft tritt, und die wohl weitere Löcher in den Staatshaushalt reißen wird. Gegenüber der AVÖ-Online-Redaktion begründet der ASK-Vorsitzende seinen Schritt so: “Wenn eine Regierung zur Stabilität der Alterssicherung eine Task Force einrichtet. Wenn ich mich redlich bemühe, Probleme, Wechselwirkung und Systemzusammenhänge darzulegen. Wenn niemand auch nur in Ansätzen daran Interesse, schon gar nicht politischen Gestaltungswillen erkennen lässt, dann betrachte ich mich als gescheitert. Wir schaffen derzeit politisch nicht einmal die Gegenwart, wen interessiert da Zukunft. Die Zukunft ist aber die Gegenwart unserer Kinder, dafür haben wir Verantwortung!”

Pöltner sieht aufgrund der demografischen Entwicklung – wir werden älter – drei große Herausforderungen: Gesundheit, Pflege und Pensionen. Es fehle dafür nicht nur das Geld, es fehlten auch die Fachkräfte. “Wir verschließen die Augen und glauben, damit das Problem gelöst zu haben”, sagt Pöltner zur AVÖ-Redaktion. “Unser Sozialsystem stammt weitgehend aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert. Kann dieses System den Anforderungen einer modernen Gesellschaft im 21. Jahrhundert noch gerecht werden?” Wohl eher nicht. “Da gibt es viel zu tun!”, gibt uns der Experte mit auf den Weg.

IM INTERVIEW: Stefan Reicher

Ich bin Aktuar geworden, weil …

ich mich zwischen meinen beiden Hauptinteressen Wirtschaft und Regie entscheiden musste. Für Regie war mir die österreichische Filmbranche doch zu sehr auf Fernsehproduktionen ausgelegt. Damit entschied ich mich für ein Studium, von dem ich mir einen guten Einstieg ins Wirtschaftsleben versprach. Und dafür war für mich persönlich der „Umweg“ über Finanz- und Versicherungsmathematik attraktiver als die sehr gut besuchten Studienrichtungen BWL und VWL. Der Rest war dann Zufall oder Schicksal, je nachdem, woran man glaubt.

Mich interessieren fachlich …

so ziemlich alle Themen, die in unserer Branche relevant sind. Am liebsten arbeite ich allerdings an Fragestellungen, die viele Disziplinen wie mathematische, rechtliche, vertriebliche oder bilanzielle in sich vereinen.

Mein größter beruflicher Erfolg …

existiert nicht als einzelnes Ereignis. Worauf ich stolz bin, sind vielmehr die unterschiedlichen kleinen Erfolge, die mein Team und ich zusammen erreichen, bei denen wir uns gegenseitig unterstützen und gemeinsam mehr schaffen, als es Einzelne je würden.

Mein Lebensmotto

Ich denke, dass man mit Vernunft, Hausverstand, Menschlichkeit, Neugierde, Engagement, ein wenig Schmäh und einer positiven Einstellung ein sehr gutes Leben führen kann.

Was mich sonst neben dem Beruf interessiert.

In Anbetracht meiner zeitlichen Verfügbarkeit leider viel zu viel! Unterschiedliche Sportarten, Musik, Film, Zeitgeschichte, Kochen und Kulinarik, Reisen, Sprachen, ein Sozialleben wie vor Covid-19 und vor allem meine bezaubernde Familie.

BerufseinsteigerInnen rate ich, …

seid neugierig, engagiert euch, geht den Dingen auf den Grund! Versucht immer, der/die Beste in eurem Job zu sein! Dann wird sich alles weitere von selbst ergeben.

Zur Person

Stefan Reicher (Jahrgang 1983) studierte Finanz- und Versicherungsmathematik an der TU Graz und an der UPR Río Piedras in San Juan, Puerto Rico. Nach Stationen in Spanien und bei der Allianz in Wien kam er 2011 zur UNIQA, wo er unterschiedliche Funktionen in den Bereichen Risikomanagement, Finance, Lebens- und Unfallversicherung bekleidete. Seit 1. Jänner 2021 ist er der verantwortliche Aktuar der Krankenversicherung bei UNIQA.

(c)  Iskra Dimitrova

Das war die Generalversammlung 2021

Ein besonderer Anlass braucht einen besonderen Rahmen: Am 13. Oktober 2021 feierte die AVÖ 50 Jahre erfolgreiche Interessensvertretung im wunderschönen Van Swieten Saal der Medizinischen Universität Wien. Mehr als 200 AVÖ-Mitglieder nahmen an der Veranstaltung teil: 99 Personen waren vor Ort und 107 Mitglieder verfolgten Fachvorträge und Generalversammlung über Streaming.

Wir starteten um 11:00 Uhr mit Fachvorträgen. Von 15:30 bis 17:00 Uhr wurde die Generalversammlung 2021 abgehalten. Ab 17:30 Uhr feierten wir 50 Jahre AVÖ. Ehrenpräsident Helmut Holzer gab in seiner Festrede einen Überblick der 50-jährigen Geschichte der AVÖ. Er sei überzeugt, dass die mit Sicherheit zu erwartenden Veränderungen weiterhin hervorragend bewältigen werde. “Die Aktuarvereinigung Österreichs ist heute eine starke, kontinuierlich anwachsende, berufsständige Vereinigung der österreichischen Versicherungsmathematiker”, sagte Holzer und wünschte seinen Kolleginnen und Kollegen viel Glück und Erfolg für ihre zukünftige Tätigkeit.

Festrede Ehrenpräsident Helmut Holzer

Fotos: (c) Peter Kubelka

Fabian Pribahsnik gewinnt Förderpreis 2020

“Ungefähr in der Zeit der Präsidentschaft des Ehrenpräsidenten Helmut Holzer hatten die Mitglieder des AVÖ-Vorstands und die Arbeitskreisleiter die Idee geboren, die Honorare, die sie im Rahmen von zum Beispiel AVÖ-Seminaren erhielten, dem Nachwuchs zur Verfügung zu stellen”, erzählt Christoph Krischanitz bei der Verleihung der Förderpreise 2020 im Van Swieten Saal der Medizinischen Universität. Aus dieser Idee ist der Fonds zur Förderung akademischer Abschlussarbeiten entstanden, den es mittlerweile seit 17 Jahren gibt. Die vierköpfige Jury, bestehend aus Christoph Krischanitz (Milliman), Klaus Wegenkittl (ERGO Versicherung), Reinhold Kainhofer (Ernst & Young) und Franz Liebmann (Aktuariat Liebmann), beurteilen akademische Abschlussarbeiten nach vier Kriterien: Wissenschaftliche Qualität, Relevanz, Innovation und Anwendbarkeit im aktuariellen Arbeitsumfeld. Es sei schön, mathematische Literatur zu lesen, so Krischanitz, wenn die Arbeiten in der Praxis nicht anwendbar sind, nützten sie dem Berufsstand wenig.

Drei Plätze, vier PreisträgerInnen

Die Verleihung der Förderpreise 2020 fand im Rahmen der Feierlichkeiten zu “50 Jahre AVÖ” im Vorfeld der Generalversammlung 2021 statt. Der 1. Preis ging an Fabian Pribahsnik für seine Diplomarbeit “Maschinelles Lernen mit Versicherungspolizzen”. Den 2. Preis vergab die Jury an Victoria Zach für ihre Diplomarbeit “Neuronale Netze in der Versicherung”. Die beiden dritten Preise erhielten Mariella Bachner (für Pensions-Risikomanagement mit Optionen) und Fatih Bozdemir (für Risikomanagement in Versicherungsunternehmen). Alle vier studierten an der TU Wien. Victoria Zach und Fatih Bozdemir stellten ihre Arbeiten vor – dem anwesenden Fachpublikum und dem Fachpublikum, das die Veranstaltung über Streaming verfolgte.

Einreichung für die Förderpreise 2021

Die Förderpreise 2021 können bis 31. März 2022 eingereicht werden. Prämiert werden die besten drei Abschlussarbeiten, die im Kalenderjahr 2021 beurteilt wurden bzw. werden. Die Gewinnerinnen und Gewinner erhalten Preisgelder sowie eine dreijährige kostenlose Mitgliedschaft in der AVÖ.

 

Preisverleihung der Förderpreise 2020 im Van Swieten Saal der MedUni Wien.
AVÖ-Vizepräsidentin Ulrike Ebner übernimmt den 1. Preis ihres Kollegen Fabian Pribahsnik, der bei der Preisverleihung leider nicht anwesend sein konnte. AVÖ-Präsident Hartwig Sorger und Juryvorsitzender Christoph Krischanitz gratulierten den anwesenden und nicht anwesenden Preisträgerinnen und Preisträgern. Rechts im Bild Victoria Zach, die den 2. Preis erhielt, und Fatih Bozdemir, der sich den 3. Preis ex aequo mit Mariella Bachner teilte.

 

Porträt Fabian Pribahsnik
Fabian Pribahsnik, Wiener Städtische Versicherung, konnte bei der Preisverleihung leider nicht persönlich dabei sein. Er gewann den Förderpreis 2020 mit seiner Diplomarbeit “Maschinelles Lernen mit Versicherungspolizzen”. Im Bild über den Dächern von Wien, auf der Terrasse des UNIQA Tower. (c) Rita Michlits/AVÖ

Seminarprogramm im Herbst/Winter 2021

Die AVÖ-Tochter ÖFdV GmbH veranstaltet in den kommenden Monaten mehrere Seminare und Workshops für Aktuarinnen und Aktuare. Zielgruppe sind darüber hinaus Personen, die in aktuarielle Themen involviert bzw. daran interessiert sind. Dem Großteil der Seminare geht ein Vortrag im Actuarial Modelling Club (AMC) voraus, die Teilnahme an den AMCs ist kostenlos. Die AVÖ möchte damit Einblicke in konkrete finanz- und versicherungsmathematische Aufgabenstellungen geben, die Themen in die Breite tragen, Studierende für die Inhalte begeistern und die Aus- und Weiterbildung fördern. Anmeldung zu den Seminaren über die ÖFdV-Website, zu den AMCs über die FAM-Website der TU Wien. Bei Präsenzveranstaltungen gelten die Covid-Bestimmungen.

IM INTERVIEW: Annemarie Pollroß

Ich bin Aktuarin geworden, weil …

… schon in der Schule Mathematik mein Lieblingsfach war. Zusätzliche Orientierung bot mir das Angebot von „Frauen in Technik“, ein mehrtägiges Programm in Wien, das Maturantinnen über die Vielfalt und Möglichkeiten technischer Studien informierte. Ich entschied mich für das Studium der Technischen Mathematik an der TU Wien. Der Rest ergab sich aus einer Anhäufung an Zufällen während des Studiums.

Mich interessieren fachlich …

… alle Themen, die sich im Zusammenhang mit der Versicherungsmathematischen Funktion ergeben. Großen Spaß und Freude bereiten mir die Koordinierung der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen, das Durchführen von Analysen zu den Berechnungen, die Programmierung eines Modellierungstools sowie diverse Asset-Liability-Management-Analysen als meinen Beitrag zum Risikomanagementsystem.

Mein größter beruflicher Erfolg …

… ist der Aufbau eines sechsköpfigen Teams von ExpertInnen, die Großartiges leisten, und das freut mich sehr. Ebenso erfüllt mich die gute abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in meiner Verantwortung als Governance-Funktion für die Donau Versicherung mit Stolz.

Mein Lebensmotto

Ein allumfassendes Lebensmotto zu finden, ist vielleicht nicht notwendig. Eine positive und motivierende Lebenseinstellung hilft, Freude am Überwinden von kleinen und größeren Stolpersteinen am Weg zu finden.

Was mich sonst neben dem Beruf interessiert.

Besonders wichtig ist mir, so viel Zeit wie möglich mit Familie und Freunden zu verbringen. Ich bin auch sehr gerne unterwegs, wie zum Beispiel bei Radausflügen durch die Wachau oder Wanderungen im Alpenvorland. Seit heuer reise ich regelmäßig mit dem Wohnwagen durch Österreich und genieße die wunderschöne und vielfältige Natur gemeinsam mit meiner Familie. Meiner Kreativität gehe ich gerne beim Handarbeiten, wie nähen oder stricken, nach – hier freue ich mich besonders über die raschen und schönen Ergebnisse.

BerufseinsteigerInnen rate ich, …

… neugierig zu sein, Dinge zu hinterfragen, eine optimistische und lösungsorientierte Haltung einzunehmen. Weiters finde ich es wichtig, auch Entscheidungen aus dem Bauch heraus zuzulassen. Eine dieser Entscheidungen war für mich die Übernahme der Versicherungsmathematischen Funktion für die Lebens- und Krankenversicherung bei der Donau Versicherung. Als Mutter von zwei Kleinkindern war es eine wirkliche Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen. Die Aufgabe hat mich sehr interessiert und fasziniert. Für mich war es sicher die richtige Entscheidung.

 

Berufsständisches Seminar der ÖFdV

Zur Förderung des Berufsstands verlangt die AVÖ vor der Aufnahme in die Sektion Anerkannter Aktuare unter anderem die Teilnahme an einem berufsständischen Seminar. Die Inhalte entsprechen internationalen Anforderungen, insbesondere jenen des IAA Education Syllabus. Zur Teilnahme am Seminar sind auch Anerkannte Aktuarinnen und Aktuare herzlich eingeladen, diese können für die Teilnahme sechs CPD-Punkte erwerben.

Das “Berufsständische Seminar Professionalism” wird von der ÖFdV GmbH (Österreichische Förderungsgesellschaft der Versicherungsmathematik) veranstaltet und findet am 21. September im Hotel & Palais Strudlhof, Pasteurgasse 1, 1090 Wien statt.

Programm und Anmeldung auf der ÖfdV-Website.

Anmeldung zur Zusatzqualifizierung CADS

Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) hat zum 1. Januar 2021 eine Zusatzqualifikation “Certified Actuarial Data Scientist (CADS)” für ihre Mitglieder eingeführt. Eine Kooperation mit der DAV ermöglicht es Aktuarinnen und Aktuare der AVÖ, die Seminare zu besuchen und Prüfungen der DAV abzulegen. Die Anmeldung zur Ausbildung “Actuarial Data Science”, die aus vier Modulen besteht, ist ab sofort möglich.

Weitere Informationen

Symposium: Mathematical Challenges in Insurances

Wir möchten Sie sehr gerne im Namen von Mihael Perman (Universität Ljubljana) auf ein Minisymposium zu “Mathematical Challenges in Insurance” aufmerksam machen. Dieses Symposium findet im Rahmen des 8. Europäischen Mathematikerkongresses (8th ECM, 20.–26. Juni 2021) in einem Online-Format statt. Die behandelten Themen umfassen aktuelle praktische und auch theoretische Herausforderungen in der Versicherungsmathematik.

Details zur Veranstaltung finden sich auf der Webpage des 8th ECM:
Registrierung und organisatorische Information
Liste der Minisymposia, darunter “Mathematical Challenges in Insurance” und deren Inhalt
Nebenveranstaltungen, darunter “Optimization in Insurance”

Darüber hinaus wurde ein Modellierungswettbewerb für Studierende ausgeschrieben.

Für die Teilnahme an Vorträgen des Minisymposiums “Mathematical Challenges in Insurance” können CPD-Punkte anerkannt werden (im Umfang von einem Punkt/60 Minuten exkl. Pausen). Zur Anerkennung ist es notwendig, die Teilnahme an den Vorträgen zu dokumentieren. Infos zur Selbstdokumentation finden Sie im CPD-Leitfaden auf der AVÖ-Website.

IM INTERVIEW: Klaus Wegenkittl

Ich bin Aktuar geworden, weil …

… mich der Zufall in die Versicherungswirtschaft gebracht hat. Nach einem reinen Mathematikstudium und einer Anstellung an der Universität habe ich mich nach einem Job in der Privatwirtschaft umgesehen. Prof. Walter Schachermayer hat mir damals empfohlen, mich bei Versicherungsunternehmen zu bewerben. Mein erster Arbeitstag war am 1. März 1991, also vor 30 Jahren. Zur Vervollständigung meiner Ausbildung habe ich dann noch das damalige Kurzstudium Versicherungsmathematik abgeschlossen.

Mich interessiert fachlich …

Als Mathematiker interessiert mich natürlich besonders die Anwendung mathematischer Methoden auf wirtschaftliche Fragestellungen. Am Beginn meiner beruflichen Laufbahn Anfang der 90er Jahre war dies die Tatsache, dass man in der Lebensversicherung über das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip Prämien und Reserven berechnet hat. Unter „Finanzmathematik“ hat man im Studium noch das einfache Auf- und Abzinsen verstanden. Bald darauf gab es die ersten Wirtschaftlichkeitsrechnungen, zunächst für Neugeschäftstarife und dann für ganze Bestände. In den 2000er Jahren wurden für Embedded-Value-Rechnungen stochastische Projektionen zur Bewertung von Garantien erforderlich, und mit Solvency II kam ab 2016 auch noch die Berechnung eines Risikokapitals dazu. In der Sachversicherung gab es bei meinem Einstieg in die Versicherungsbranche noch gar keine Mathematiker, auch das hat sich deutlich geändert.

Was der Beruf für mich bedeutet …

Ich leite das Aktuariat der ERGO Versicherung mit rund 20 MitarbeiterInnen, die vornehmlich in der Lebensversicherung, aber auch in der Sachversicherung und seit Jahresbeginn auch in der Krankenversicherung tätig sind. Dort decken wir alle mathematischen Aufgabenstellungen ab (von Spezialanfragen zu einzelnen Verträgen über Tarifentwicklung und Wirtschaftlichkeitsrechnung bis zur technischen Bilanzierung und aktuariellen Modellierung). Ich schätze daran, dass mir in den letzten 30 Jahren nie langweilig geworden ist, weil sich das Umfeld so rasant geändert hat, dass nie eine Routine aufgekommen ist. Ich hatte wahrscheinlich auch das Glück, eine besonders spannende Phase erleben und mitgestalten zu dürfen. Ich glaube, dass die 30 Jahre davor nicht so turbulent und veränderungsintensiv waren.

Was die Zukunft bringen könnte …

Der Einsatz von Mathematik hat sich innerhalb von drei Jahrzehnten in allen Sparten massiv erhöht, getrieben durch immer schnellere und mächtigere IT-Systeme. Fokus liegt auf Wirtschaftlichkeit in Zeiten schrumpfender Margen und nicht zuletzt treiben regulatorische Anforderungen die Entwicklung voran. Für große Konzerne gilt ab 2023 mit IFRS 17 ein Bilanzierungsstandard, der mit Buchhaltung im klassischen Sinne nichts mehr zu tun hat. Das stellt nicht nur fachliche Anforderungen an Aktuare, sondern fordert auch die Kommunikationsfähigkeit (hier zwischen Rechnungswesen und Aktuariat) noch stärker als in der Vergangenheit. Die IT wird sich weiter entwickeln und immer mehr Berechnungen möglich machen. Die Anwendungen von Big Data und Artificial Intelligence werden vielfältig werden und auch unsere beruflichen Tätigkeiten beeinflussen. Während man seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts danach trachtete, durch zunehmende IT-Unterstützung immer mehr Personal einzusparen, sehen wir bei den Aktuaren bisher die gegenteilige Entwicklung – durch technologischen Fortschritt wird immer mehr berechenbar, und dafür werden immer mehr Mathematiker benötigt. Spannend dabei ist, dass sich auch die Fragestellungen verändert und erweitert haben. Das Konzept des Risikokapitals war vor 30 Jahren noch reine Theorie, heute ist es in Solvency II gelebte Praxis. Und ich bin davon überzeugt, dass es noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten moderner Mathematik gepaart mit moderner IT gibt. Insbesondere wird es dabei kreative Anwendungen geben, an die wir heute noch gar nicht denken. Hätten Sie zum Beispiel gewusst, dass sich die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Homer‘schen Erzählung zu den Irrfahrten des Odysseus mit Methoden der Mathematik und Informatik beantworten lässt?

BerufseinsteigerInnen rate ich …

Offen sein für Neues und sich ins Abenteuer stürzen. Als Mathematiker muss man sich Gott sei Dank keine Sorgen um den Arbeitsplatz machen. Es gibt wirklich ausreichend Jobangebote, und Artificial Intelligence wird zwar kommen, aber bestenfalls Mathematiker unterstützen und keinesfalls ersetzen.

Dr. Klaus Wegenkittl (geboren 1965) ist Leiter Aktuariat ERGO Versicherung

Ausbildung:
Diplom- und Doktoratsstudium der Mathematik an der Universität Wien
Kurzstudium der Versicherungsmathematik an der Technischen Universität Wien
Anerkannter Aktuar der AVÖ

Beruflicher Werdegang:
Nach dem Studium Universitätsassistent, ab 1991 Wiener Städtische Versicherung, ab 1999 UNION/Bank Austria Versicherung
Seit 2009 ERGO Versicherung als Leiter des Aktuariats (Leben, Kranken und Nichtleben), verantwortlicher Aktuar und versicherungsmathematische Funktion für Solvency II

Funktionen:
Vorsitzender des LV-Mathematikerkomitees im Versicherungsverband Österreich (VVO)
Leiter des Arbeitskreises Versicherung der AVÖ
2005–2008 AVÖ-Präsident


Data Science Challenge 2021

Die AVÖ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Studierende der Mathematik für den Berufsstand der Aktuarin/des Aktuars zu begeistern. Aus diesem Grund haben wir in Zusammenarbeit mit UNIQA und der slowakischen Aktuarvereinigung (SSA) die Data Science Challenge 2021 ausgeschrieben. Ziel der Challenge ist es, aus einem Datensatz der Finanz- oder Versicherungsbranche ein sogenanntes Data Science Mash-up zu erstellen und die Jury von der Darstellung zu begeistern. Es gibt Preise im Wert von insgesamt 2.000 Euro zu gewinnen.

Teilnahmeberechtigt sind Studierende europäischer Universitäten. Die Altersobergrenze liegt bei 30 Jahren. Einreichen können Einzelpersonen oder Gruppen bis maximal drei Personen. Über 30-Jährige können ebenfalls mitmachen, die beste Einreichung wird prämiert mit Goodie bags und einer zweijährigen kostenlosen Mitgliedschaft in der AVÖ (sofern die Voraussetzung zur Aufnahme in die AVÖ erfüllt ist).

Die Data Science Challenge 2021 läuft von 26. April bis 17. Mai. Alle Infos auf https://www.uniqa4ward.com/en/challenge.html

Data Science im Live-Betrieb

Die Online-Seminarreihe zu Data Science geht aufgrund des großen Erfolgs in die zweite Runde. Fabian Pribahsnik und Dietmar Hareter zeigen, wie Data-Science-Methoden im Arbeitsalltag angewendet werden können. Für die Teilnahme an allen fünf Seminaren vergibt die ÖFdV GmbH 8 CPD-Punkte.

Weitere Informationen und Termine finden Sie bitte in der Einladung.

Anmeldung bitte per Anmeldeformular an sekretariat@oefdv-gmbh.at

Zur Online-Seminarreihe im Veranstaltungskalender: ÖFdV GmbH: Online-Seminarreihe Data Science im Live-Betrieb

AVÖ in Zahlen

Mit Stand 29.Februar 2024 zählt die AVÖ 581 Mitglieder. 407 Mitglieder der AVÖ sind aktuell als Anerkannte Aktuarinnen und Aktuare qualifiziert (22 Ruhendstellungen), weitere 27 sind assoziiert. Neun Mitglieder verfügen über den Status CERA-Aktuar und weisen damit eine international anerkannte Zusatzausbildung im Risikomanagement nach. 63 Prozent der Mitglieder sind Männer, 37 Prozent Frauen.

In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der Mitglieder um rund 30 Prozent, die der Anerkannten Aktuarinnen und Aktuare um rund 40 Prozent. Seit Herbst 2019 unterhält die AVÖ eine eigene Geschäftsstelle. Als achter Präsident seit der Gründung wurde Dr. Hartwig Sorger am 26. Juni 2020 zum AVÖ-Präsidenten gewählt und zur Generalversammlung am 13. Juni 2023 neu gewählt.. Ihm stehen Dr. Karin Hirhager als Generalsekretärin und sechs weitere Vorstandsmitglieder zur Seite.